Nach ihrem Abitur entschied sich Elvira Precht dazu, Innenarchitektur zu studieren und zog im Anschluss daran mit ihrem Mann von Hildesheim nach Oldenburg. Dort arbeitete sie 16 Jahre im Betrieb ihres Mannes und richtete Arztpraxen und Chefbüros ein – aber auch Privatpersonen zählten zu ihrem Kundenstamm. „Irgendwann musste ich mich neu orientieren“, erklärt Precht, da die Planungsleistung schon oft vom Architekten erbracht wurde und die Arbeit als Innenarchitektin immer schwerer wurde.Ein Bekannter ermutigte sie dazu, ein Geschäft für große Größen zu eröffnen, denn:
„Ich habe damals schon als Model für große Größen gearbeitet und kannte mich auf den Messen in Düsseldorf, München und Berlin aus“, erzählt sie. Prechts Familie stand hinter dieser Idee und unterstützte sie finanziell. Was noch fehlte, war ein Gutachten der IHK – doch die wollte sie von ihrer Geschäftsidee abbringen, da sie keine Zukunft darin sahen. Damals hieß es seitens der IHK: „Textilläden kommen und gehen.“ Über einen Unternehmensberater erhielt sie dennoch das Gutachten und begab sich auf die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten.
Unter den vielen Mitbewerbern für die Immobilie in der Haarenstraße 42 profitierte die Diplomingenieurin von ihrem Fachwissen: „Durch meinen Job konnte ich die Planungszeichnung natürlich lesen und wusste genau: Ich muss dieses Objekt haben!“ Der ungepflegte Zustand vor Ort war somit nebensächlich. „Die ehemalige Spielhalle war total versifft, der Teppich braun und fleckig“, erinnert sich Elvira Precht. „Aber als ich die Hausnummer 42 am Objekt sah, wusste ich: Das ist Schicksal – das wird mein Laden!“
Im Dezember 1993 fiel die Entscheidung für das Ladenlokal, und im Januar war Elvira Precht bereits auf den Messen, um für den Herbst einzukaufen, denn am 2. September 1994 eröffnete ihr Laden „42+“ GROSSE MODE in der Haarenstraße in Oldenburg.
Zu jener Zeit gab es noch weitere sechs Fachgeschäfte für große Größen in der Innenstadt, doch „übriggeblieben sind nur Ulla Popken und ich“, erzählt Precht stolz und fügt hinzu: „Hätte ich ein Geschäft für große Herren-Größen aufgemacht, gäbe es mich sicherlich nicht mehr.“ Das Einkaufsverhalten der Frauen sei viel intensiver, erzählt Precht schmunzelnd: „Mein Mann kauft sich einmal im Jahr eine neue Jeans und selbst dann nur, wenn die andere kaputt ist.“
Hosen sind es auch, auf die sich „42+“ spezialisiert hat und deshalb über ein permanentes Lager von über 1.600 Beinkleidern verfügt. „Bei einem T-Shirt kann man durch etwas zupfen schummeln, aber eine Hose muss perfekt sitzen“, weist Elvira Precht auf diesen spezielle Faktor im Bereich der großen Größen hin. „Unsere Hosenanbieter haben sich seit unserer Eröffnung 1994 auf dieses früher sehr stiefmütterlich behandelte Thema eingestellt und bieten mittlerweile eine deutlich bessere Auswahl für unsere Kunden.“
Im Frühjahr 2018 geht es wieder auf die Messen. Die haben es in sich, denn bei dem riesigen Angebot gilt es, einen kühlen Kopf zu bewahren: „Ich kann nicht nur einkaufen, was mir persönlich gefällt – ich muss dahinter stehen. Deshalb lasse ich manche Trends, wie z.B. Plissee-Röcke, gezielt aus, denn die Mode muss zu unserer Überzeugung und vor allem zu unserer Kundschaft passen“, erklärt Precht. Nach dem anstrengenden Messebesuch hat sie nur selten Energie für Sightseeing. Meistens heißt es: „Hotel, duschen, noch schnell etwas essen und dann die Füße hoch“, erzählt sie lachend.
Elvira Precht legt großen Wert auf eine intensive Beratung. „Auch starke Frauen müssen sich nicht verstecken! Die Kundin trägt dort etwas Schwarzes, wo sie gerne etwas kaschieren möchte und an anderen Stellen darf es dafür gerne etwas bunter sein, um sie mehr zu betonen!“
Genau diese Kombination aus Waren- und Gestaltungskompetenz bereitet Elvira Precht Freude und kommt bei ihren Kunden gut an. „Wir haben 80 Prozent Stammkunden, auch von weiter weg“, weshalb Waren auch verschickt werden können: „Ich weiß ungefähr die Größe meiner Kundinnen, was ihnen steht und welche Farben und Stoffe sie mögen.“
Ein Versuch vor einiger Zeit, auch eine junge Zielgruppe anzusprechen, blieb ohne großen Erfolg. Jedoch seien es häufig die jüngeren Frauen, die nichtgerade vorteilhaft gekleidet sind, erklärt Precht. „Leider möchte die jüngere Generation überwiegend mit dem Trend gehen, wie beispielsweise dem ‚Vokuhila‘ – vorne kurz und hinten lang – als dass sie z.B. längere Oberteile akzeptieren, die für ihre Figur vorteilhafter wären!“
In Oldenburg fühlt sich die in Hildesheim aufgewachsene Diplomingenieurin pudelwohl: „Oldenburg ist eine Stadt mit einer unglaublich ansprechenden Architektur. Es ist sehr sauber hier, es gibt ein gutes kulturelles Angebot und nette Gastronomie. Hier kann man sich geborgen fühlen – hier ist Heimat!“
Für die Zukunft wünscht sie sich, dass sich die Entwicklung im Textilhandel noch verbessert, denn: „Der Textilhandel kann im Gegensatz zur allgemeinen Konsumsteigerung keinen Zuwachs verbuchen.“ Wie viele Inhaber wünscht auch Elvira Precht sich, dass insgesamt mehr vor Ort gekauft wird, statt online von zu Hause. „Ich habe so tolles Personal, und auch die Haarenstraßengemeinschaft ist eine solche Bereicherung, innerhalb derer wir unseren Besuchern stets neue Aktionen und Erlebnisse bieten möchten!“
Soviel sei verraten: Die Planungen für das nächste Event, das Erdbeerfest mit großem Blumen- und Gartenmarkt laufen schon. Seien Sie gespannt und schauen Sie doch bei Gelegenheit im Fachgeschäft „42+“ GROSSE MODE vorbei!
Ein Interview von Sabrina Schultze, CMO Oldenburg